Fischfutter in der Aquakultur

Die Aquakultur sieht sich schon seit einigen Jahren in der Kritik, weil der Einsatz von Fischmehl und -öl in der Produktion von Futtermitteln umstritten ist. Grundsätzlich dient das Fischmehl im Futter als wichtige Proteinquelle und das Fischöl ist neben Fetten auch reich an den mehrfach ungesättigten Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure), welche elementar für die Entwicklung und das Wachstum von Fischen sind. Während ein Teil des im Futter enthaltenen Fischmehls und -öls zwar aus Schlachtabfällen der Fischverarbeitung gewonnen werden kann, wird die Mehrheit aus Schwarmfischen hergestellt. Für diese besteht zum Teil sogar eine separate Fangfischerei. Daher gibt eine Nachhaltigkeitsthematik in der Hinsicht, dass der zu Fischfutter verarbeitete Fisch auch direkt der Ernährung des Menschen zugeführt werde könnte. Obwohl dies effizienter wäre, gibt es aber auch gute Gründe für den Einsatz dieses Fisches in der Herstellung von Fischmehl und -öl. Es lohnt sich, den Sachverhalt differenziert zu betrachten.

Quellen von Fischmehl und Fischöl

Ein wesentlicher Grund für den Einsatz von Fischen in Fischfutter ist die Tatsache, dass es eine Differenz zwischen dem Angebot aus der Fangfischerei und der Nachfrage nach Speisefisch gibt. Kleine pelagische Fischarten wie Sardellen, Sardinien, Anchovis, Menhaden und Heringe machen einen großen Teil des weltweiten Fanges aus. Diese sind eine Art von Fischen, die nicht in der Nähe des Meeresbodens, sondern in der pelagischen Zones des Meeres leben. Die Nachfrage nach diesen Arten ist gering, sowohl aufgrund ihrer Größe und ihres Geschmackes, aber auch weil sie schwer zu verarbeiten sind. Dagegen besteht eine hohe Nachfrage nach anderen Fischarten, insbesondere großen karnivoren (=fleischfressenden) Arten wie Dosche, Lachse oder Barsche. Durch die Produktion von Fischmehl und -öl aus kleinen pelagischen Fischen wird der Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage gewissermaßen ausgeglichen.

Von einem ökologischen und sozialen Standpunkt aus betrachtet ist diese Praxis aber teilweise fragwürdig. Hier kommt es sehr stark auf die einzelnen Fischbestände an. Auf der einen Seite gibt es Heringsbestände im Nordatlantik, welche nachhaltig bewirtschaftet werden und keine unmittelbare Bedeutung für die Ernährungssicherheit in der Region spielen. Auf der anderen Seite stehen Negativbeispiele aus der internationalen Fangfischerei. Diese fischt mit industriellen Fischerbooten in einigen Ländern zum Lebenserhalt der Menschen oft die Bestände kleiner Schwarmfische leer. Die ökologischen und sozialen Konsequenzen dieser Ausrottung lassen sich mit keinem Nachhaltigkeitskonzept in Einklang bringen. Solche Formen der Fischerei müssen dringend verboten und durch ein nachhaltiges Fischereimanagement ersetzt werden.

Fish In | Fish Out Verhältnis

Neben der generellen Nachfrage nach verschiedenen Fischarten beeinflusst auch das „Fish In – Fish Out“ Verhältnis (auch „Futterkoeffizient“ genannt) die Menge an Fischmehl und -öl, welche im Futter eingesetzt wird. Konkret gibt der Futterkoeffizient an, wie viel kg Futter nötig ist, um ein kg Fischprotein zu züchten. Was Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren und die generelle energetische Zusammensetzung betrifft, besteht heute ein exzellentes Verständnis für Fischfutter. So konnten in den vergangenen Jahren für verschiedene Fischarten unterschiedliche Futtermittel ausgearbeitet werden. Durch diese angepasste Zusammensetzung von Futtermitteln, den Einsatz automatischer Steuerungen und optimierte Fütterungstechniken wurde zudem die Futterverwertung von Fischen deutlich gesteigert. So besitzen Fische aus Aquakultur im Mittel einen Futterkoeffizienten von 1,4. Das künftige Wachstum der Aquakulturproduktion ist damit nicht mehr direkt von der Verfügbarkeit von Fischöl und -mehl abhängig.

Pflanzliche Inhaltsstoffe im Fischfutter

Auch aus Kostengründen wird der Anteil von Fischmehl und -öl im Fischfutter schon seit einer Weile immer weiter reduziert und durch Alternativen ersetzt. Während die Nachfrage für Fischmehl und -öl mit dem Wachstum der weltweiten Fischzucht stark gestiegen ist, ist die Produktion dieser Rohstoffe relativ konstant. Der Preis für beide Produkte wächst allerdings stetig. Das hat zur Folge, dass zunehmend Forschung und Entwicklung nach günstigeren Protein- und Fettquellen als Fischfutterbestandteile betrieben wird.

Neben einigen tierischen Alternativen aus der Nutztierproduktion werden in erster Linie Rohstoffe pflanzlicher Natur eingesetzt, um Fischfutter grüner und nachhaltiger zu gestalten. Zu nennen sind insbesondere Ackerbohnen, Lupine, Presskuchen aus der Ölproduktion und pflanzliche Öle, die schon regelmäßiger in der Herstellung eingesetzt werden. Daneben finden Versuche mit neuen Alternativen, wie zum Beispiel Mandeln statt. Die meisten alternativen Fettquellen enthalten allerdings kaum EPA und DHA. Für einen vollständigen Verzicht auf Fischöl muss deshalb eventuell auf andere Quellen dieser essenziellen Fettsäuren zurückgegriffen werden. Zu diesem Zweck werden gezielt Algenöle mit einem hohen EPA/DHA-Gehalt hergestellt. Diese können als Futter in der Aquakultur gezielt eingesetzt werden. Damit reduzieren sie einerseits den Gesamtverbrauch an Fischöl und schaffen andererseits ein sehr gesundes Endprodukt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aquakulturindustrie bereits massive Anstrengungen unternommen hat, um unabhängiger von Fischöl und -mehl zu werden. Trotz neuer Forschungen und erster Erfolge beim Ersatz dieser Bestandteile durch pflanzliche Quellen, wird die Zusammensetzung von Futtermitteln auch in Zukunft weiterhin eines der wichtigsten Themen für die Fischzuchtbranche sein. In der Diskussion um Futtermittel sollte jedoch stets eine differenzierte Betrachtungsweise gewählt werden.


REFERENZEN:

  • FAO 2018
  • WorldOceanReview 2013
  • Naylor, Hardy et al. 2009
  • Codabaccus, Bridle et al. 2011
  • Harwood 2019
  • Colombo, Foroutani et al. 2020
  • Mills and Alexandersen 2017
  • Cullberg and Naturskyddsföreningen 2009
  • Clark and Clausen 2008